Projekt Mont Ventoux 100 Werke

Seit längerer Zeit erarbeite ich ein Werkbuch Mont Ventoux, das im Winterhalbjahr erscheinen soll. Darin werden 100 Werke präsentiert, die über einen langen Zeitraum (1991-2022) mein Interesse an diesem "Modell" widerspiegeln. Ein Essay von Beate Kolodziej wird mein Buch bereichern und ergänzen.

Im Winterhalbjahr versuche ich in Saarbrücken eine Ausstellung zu präsentieren.

Der Mont Ventoux in der école primaire von Villes-sur-Auzon.

Der Lehrer Serge Gagnaire der 7-9 jährigen SchülerInnen in der Grundschule des Dorfes Villes-sur-Auzon ( Dep. Vaucluse) hatte eine Idee: von dem Dorf blickt man sehr gut auf die Südseite des großen Berges, ein wahrhaft naheliegendes Motiv. Und er kannte das Projekt von Till Neu mit den 16 Ansichten des Mont Ventoux. Einige Wochen haben die 23 SchülerInnen in Gruppen die verschiedenen Formen des Berges studiert und auf großen Papierbahnen aufgemalt. Am 21. Mai 2018 hat Till Neu die Schulkinder besucht und war sehr, sehr überrascht 16 große Malereien des Mont Ventoux hingen an der Wand! Ich sprach mit ihnen über ihre und meine Arbeit und die Malerei. Ein herrlicher Vormittag mit neugierigen, aufmerksamen Kindern, die am Ende des Gesprächs auch fragten, wie man ein Künstler wird…


Serigraphie Mont Ventoux 2016

Im Jahr 1990 begann ich mit einem „Projekt Mont Ventoux“. Es war die schöne Südseite, die mich tief berührte. Die klare Linie, Grenze zwischen Himmel und Erde. Zugleich ein visuelles Modell des stetigen Auf- und Abstiegs. Später umwanderte ich den großen Berg, wechselte mit den Himmelsrichtungen die Standorte und relativierte das, was man „Ansicht“ nennt. Es entstanden viele kleine und große Bilder,Zeichnungen und Grafiken. Darunter eine besondere Gruppe von 16 Werken, die entsprechend den Himmelskoordinaten unterschiedliche Charaktere des Berges zeigen. (Siehe Werkgruppe Mont Ventoux)

Norden – Osten – Süden – Westen Mont Ventoux

Inzwischen ist der solitäre Berg vom Massentourismus erobert; immerzu wird über das „Mythische“ und „Legendäre“ geschrieben. Zur diesjährigen Tour-de-France- Ankunft auf dem Gipfel sollen eine geschätzte halbe Million Menschen unterwegs gewesen sein…

Andererseits hat die Unesco den Mont Ventoux bereits im Jahr 1994 zur Biosphäre erklärt. Zur Zeit wird in einer kommunalen Initiative diskutiert,einen parc regional naturel du mont ventoux zu gründen, der ökonomische und ökologische Interessen ausgleichend berücksichtigt. Für das kommende Jahr ist eine „inauguration“ dieses „parcs“ geplant. (syndicat mixte d’aménagement et d’équipement du Mont Ventoux. www.smaemv.fr)

Blickt man von weitem auf den Berg, so scheint er, unberührt von den Spektakeln. Scheinbar! Steigt man auf den Gipfel, so kann man bei allem großem Trubel noch immer einen ungewöhnlichen Moment erleben: der Mensch ein Punkt, unter ihm und um ihn herum ein Stück Welt,ausgebreitet bis zu dem Alpen und dem Mittelmeer in 360 Grad.

Meine neue Arbeit ist daher noch einmal eine Hommage an den Mont Ventoux. Ein fünf-farbiger Siebdruck zeigt den Berg aus den vier Himmelsrichtungen. Herstellung: Siedruckwerkstatt der Hochschule für Bildende Künste Saar. Gedruckt von dem Leiter der Werkstatt und Künstler Dirk Rausch mit meiner Mithilfe. Saarbrücken 2016. Auflage: 50 Exemplare, Karton, Format 60x40cm. Das gedruckte Motiv 25x25 cm. Preis: 70 €
Titel: Norden – Osten – Süden – Westen Mont Ventoux


Katalog Pergamon

Zeichnungen, Grafiken, Malerei, Texte
Pergamon und Peter Weiss

Berlin und Potsdam wurden seit 2008 „Bilder-Orte“ meiner Arbeit. Auch das Pergamon-Museum mit dem Skulpturenfries des Pergamon-Altars. Ich begann einzelne Figuren und Szenen zu zeichnen. Bei meiner Lektüre entdeckte ich nach vielen Jahren des Vergessens den Roman von Peter Weiß „Die Ästhetik des Widerstands“.
Die ersten Seiten seines Romans, die vom Pergamon-Altar handeln, sie überfallen den Leser wie sprachgewordene Naturgewalt. Oder gewaltige Natur der Sprache? Mitreißend, strömend, die hin- und herwogenden Aggressionen der Kämpfenden sinnlich heraufbeschwörend.
Ein junger Archäologe steht mit seinen Freunden in dem Museum und erläutert die Szenerien des Altars. Dann wendet sich die Kunstbetrachtung zu einer erweiternden, politischen Deutung „In mythischer Verkleidung erschienen historische Ereignisse, ungeheuer greifbar, Schrecken, Bewunderung erregend, doch verständlich nicht als von Menschen hervorgerufen, sondern hinnehmbar nur als überpersönliche Macht, die Geknechtete und Versklavte wollte, in Unzahl, und wenige in der Höhe, die mit einem Fingerzeig die Geschicke bestimmten.“(S.11)
„Und nach längerem Schweigen sagte Heilmann, daß Werke wie jene, die aus Pergamon stammen, immer wieder neu ausgelegt werden müßten, bis eine Umkehrung gewonnen wäre und die Erdgeborenen aus Finsternis und Sklaverei erwachten und sich in ihrem wahren Aussehn zeigten.“ (S.66) .
Die jungen Linken sehen in dem historischen Mythos und den Kampfszenen ihre eigene politischen Situation Anfang der 30er Jahre gespiegelt. Unsterbliche Götter ziehen in den Kampf gegen aufständische sterbliche Giganten - übermächtige Nazis mit ihrem systematisierten Gewaltmonopol jagen nahezu ohnmächtige Anhänger linker Bewegungen.
Blicken wir gegenwärtig auf die Skulpturen, so spüren wir bei aller dramatischen Rhythmik der erhaltenen Figuren, daß in den vergangenen Jahrhunderten Sieger und Besiegte, Unsterbliche und Sterbliche in ähnlicher Weise zu Torsi ruiniert wurden. Es fehlen Köpfe, Arme und Beine wie auch Waffen und Schilde. Verlorene Körper, verlorene Identitäten.
Fragmentierte Götter, das Unvollkommene des Zerstörten, aber noch immer Lesbare haben mich inspiriert. Der Kopf der Gäa, die den Tod ihrer Kinder beklagte und deren Mund zerschlagen wurde. Niedergeschlagene Giganten, die sich erfolglos wehren.
Im Dritten Reich haben tyrannische Anmaßung, ideologischer Rassenwahn und maßlose Gewalt unzählige, menschliche Leben ausgelöscht. Ich, der in einer relativ friedlichen Ära in Mitteleuropa aufgewachsen bin, habe in der „Ästhetik des Widerstands“ gelesen und tiefen Schmerz empfunden. Leid.
In diesem Jahr wird der 100.Geburtstag von Peter Weiß gefeiert. Seine Werke werden wieder an Aufmerksamkeit gewinnen. Ich widme ihm im Stillen meine Zeichnungen und Grafiken. Eine Publikation ist in nächster Zukunft vorgesehen.

Zu dem Skulpturenfries des Pergamon-Altars in Berlin entstanden 2010 über 50 kleinformatige Zeichnungen, 15 Druckgrafiken und zwei Bilder auf Leinwand: „Götter von links“ und „Götter von rechts“ (50x100 cm). Im Jahr 2011 kamen fünf Malereien auf Papier hinzu (80x60 cm) Verschiedene Werkgruppen wurden in folgenden Ausstellungen gezeigt: Palais am Festungsgraben Berlin Saarländische Galerie 2010 - Städtische Galerie Landau Villa Streccius 2011- Künstlerhaus Saarbrücken 2012 - Galerie am Pavillon in Saarbrücken 2013 - Klosterpresse Frankfurt am Main 2014. Siehe Werkgruppe Pergamon